Munchmuseet, MM K 2846
MM K 2846, Munchmuseet. Datert 28.08.1925. Brev fra Max Linde.
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Ratzeburger Allee 16
Lieber Herr Munch,
Lange schon hörten wir wenig von
einander; nur hin und wieder erfuhr
ich von Bekannten, dass Sie, lieber
Herr Munch, leidend seien, sehr
zurückgezogen, aber doch stets in
Ihrer Kunst lebten. Der Wunsch, Sie
nach so langer Zeit einmal wieder
zu sehen, musste leider unterdrückt
werden, und zwar aus materiellen
Gründen. Denn wir haben durch die
Folgen des Krieges, besonders die
Inflation so ziemlich Alles ver-
loren; und selbst der Verkauf
unseres Hauses, gegen den ich mich
so lange es ging, wehrte, liess sich
nicht abwenden. Das Haus bleibt
stehen; eine Strasse wird durch
den Park gelegt, in dem so schöne
Werke von Ihnen entstanden.
O quae mutatio rerum! Nun
bleibt mir noch ein Trost, näm-
lich der, dass Ihre schönen Werke
zum grössten Teil in die Museen
gewandert sind, sodass wir sie
doch einmal wiedersehen und
bewundern können; ausserdem
befriedigt es mich, dass Sie, lieber
Herr Munch, nun doch für die Museen
„reif” sind, allerdings stark post
festum. Das hiesige sehr schön
in einem alten Patrizierhause, von
demselben dänischen Baumeister Lilje,
welcher das unsrige erbaute, in
reinem Empirestil errichtete (moderne)
Museum (Direktor Dr Heise) hat ein
besonderes Edvard Munchzimmer
dort geschaffen. Dort hängt nun
neben anderen Gemälden von Ihnen
das Kinderporträt. Das Hallesche
Museum hat das Porträt in Schwarz
von mir übernommen. Das Porträt
im Segelanzug ist z.Z. in Zürich
bei Dr Wartmann ausgestellt und
wird vielleicht dort bleiben, wenn
das Kölner Museum es nicht nimmt.
Das Mannheimer Museum hat eins
der schönen Parkbilder übernommen.
Es kommt mir so vor, als wenn ich
mein Testament gemacht hätte,
als ich so über die Werke verfügte,
die mir ans Herz gewachsen waren.
Ein in der Inflation reich gewordener
Käsehändler, dessen Frau auf dem
Markt Fische verkaufte, hat das
Haus gekauft. Ja, die Neureichen!
Ich glaube, lieber Herr Munch, Sie
haben in Norwegen auch solche Zeit-
genossen. Als nun der Verkauf per-
fekt war, habe ich mir ausbedungen,
dass die neue Strasse die „Edvard-
Munchstrasse” genannt werde. Der
städtische Baudirektor hat mir
dies zugesagt. Auch Direktor Heise,
der Ihnen demnächst schreiben wird,
war sehr erfreut über diesen Gedanken.
Heise besitzt ein Stück des Frieses;
er ist ein guter Kenner und warmer
Verehrer Ihrer Kunst.
Meine Söhne entwickeln sich erfreu-
lich und sind einfache, prächtige
Menschen geworden. Meine Frau
lässt Sie vielmals grüssen. Sie ist
noch immer leidend, fügt sich
aber in das für sie nicht leichte
Geschick mit grosser Seelenstärke.
Wie furchtbar die Inflation zer-
störend auf die Vermögen gewirkt
hat, zeigt am besten der Umstand,
dass die Testamentsverwalter meines
verstorbenen Schwiegervaters uns von
dem Stand seit 23 keine Anzeige
mehr machten, weil das ganze
von meinem Schwiegervater hinter-
lassene Vermögen keine Briefmarke
mehr wert war. Trotzdem heisst
es jetzt: Arbeiten und nicht ver-
zweifeln. Ich bin weit davon ent-
fernt, den Kopf hängen zu lassen,
fühle mich im Gegenteil bereit,
auch in kleinen Verhältnissen, zu-
frieden zu sein. Was ich im Innern
trage, kann mir keiner nehmen,
und besonders nicht die Liebe zur
Kunst. Nun, lieber Herr Munch,
hoffe ich, dass auch Sie sich nicht
von Ihrer Krankheit unterkriegen lassen.
Mit freundlichen Grüssen in alter Freundschaft
Ihr Max Linde